Oktobernotizen – 05. 10. 2023

Erst als ich am Morgen im Büro den Kalender umstellte, fiel mir auf, dass heute der 5. ist.
Und was liegt an jedem 5. eines Monats an? Richtig!
WmdedgT – im Oktober
Was machst du eigentlich den ganzen Tag?
Tja, schaun wir mal.
4:45 Uhr
Der Wecker reißt mich aus einem kunterbunten aber irgendwie negativen Traum. Ich taumle ins Bad und breche ohne Anlass in Tränen aus.

5:25 Uhr
Es hat schon was, wieder im eigenen Auto zu sitzen und Richtung OZ zu fahren. Zug wäre mir lieber, weil mein Magen rebelliert und es mir auch sonst nicht gut geht, aber ich habe heute noch etwas mit GabhÄu in der Stadt zu erledigen, und ich kann nicht von ihr verlangen, dass wir das zu Fuß machen.

7:25 Uhr
Die Mitarbeiterinnen stehen zu dritt vor der Tür. Ich war so vertieft in Bürokram, dass ich beinahe vergessen hätte, sie einzulassen. Sie sind sehr besorgt um mich, weil ich offenbar so belämmert aussehe, wie ich mich tatsächlich fühle. Ich koche eine Kanne Tee, in der Hoffnung, dass es mir danach vielleicht etwas besser geht.

8:30 Uhr
Ich hole GabhÄu ab und mit ihr gemeinsam mein Wollepaket.
Die frische Luft tut mir gut.
Der Bekannte "vom Friedhof" ruft an und will mir ein neues Projekt vorschlagen, bei dem ich seine Geschichten vorlesen soll. Wenn du da nur zwei, drei Euro Eintritt nimmst, wird das bestimmt ein Erfolg. Er wird zum Glück abgelenkt, so muss ich ihm nicht sagen, dass ich seine Projektplanung zum jetzigen Zeitpunkt für ein Hirngespinst halte. Er soll erst mal wieder gesund werden.

12:10 Uhr
Eine Recherche ergab, dass ich für die Mutti möglicherweise ein Zimmer in einer Senioren-WG ergattern kann. Für einen Besichtigungstermin soll ich in Kürze einen Rückruf erhalten.
Fortan schleppe ich das Telefon sogar mit zur Toilette, weil ich den Anruf keinesfalls erpassen will.
Bis 15:30 Uhr erfolgt er leider nicht.
Ich packe die großen Wollekisten ins Auto. Wenn ich es schon dabei habe.

16:30 Uhr
Der Rückruf: Ich wollte Ihnen nur Bescheid sagen, damit Sie nicht denken, wir hätten Sie vergessen. Die Chefin ruft sie später selbst an, ist aber im Moment noch unterwegs. So etwa in einer Stunde.
Das ist aber lieb.

17:30 Uhr
Die Mutti schaut mich mit großen Augen an: Ich habe noch nichts zu essen bekommen.
Aber das Mittagessen hast du bekommen?
Ja, aber das hat nicht geschmeckt. Das war furchtbar.
Oh weh, was soll ich ihr nur immer vorsetzen?
Nudeln meint sie, die könnte sie jeden Tag haben. Wenn ich das machen würde, steigt mir der Pflegedienst aufs Dach, weil ich die Mutti zu einseitig versorge. Die haben immer was zu keckern.

18:45 Uhr
Endlich kommt der Pflegedienst. Der Mutti habe ich inzwischen längst Abendessen gemacht und sie hat brav ihre 2 Schnitten gefuttert. Wenn ich ihr Reiterchen mache, isst sie die auf. Sonst würde sie nach einer Schnitte streiken. 😉
Mein Rückruf kommt und ich bekomme einen Besichtigungstermin für Freitag 15 Uhr. Hoffentlich klappt das alles.
Die Mutti ist erstaunlich wach heute. Deshalb setze ich sie auf die Couch und schalte ihr die Flimmerkiste ein.
Ich sammle die Wäsche ein und das Leergut und nehme den Müll mit.
Auf dem Heimweg halte ich neben einem Wäldchen, weil ich einfach noch ein wenig draußen sein möchte und rufe den Sohn an. Erzähle ihm von meinen Erfolgen mit der Mutti und frage ihn, ob er zur Besichtigung mitkommen möchte. Er möchte!
Und wegen des Wochenendes reden wir noch mal, das kriegen wir irgendwie hin.
Ach nö, ich sage für diese Woche ab. Das nutzt jetzt ja nix. Als ich dem Sohn diese Antwort gebe, habe ich ein mulmiges Gefühl.

20:00 Uhr
Es ist noch etwas früh, aber weil der Jenaer sich schon ein paar Tage nicht gemeldet hat, rufe ich ihn an. Es ist kein gutes Gespräch. Die für mich traurige Nachricht, dass der Pflegedienst mich am Wochenende hängen lässt und ich deshalb nicht zu ihm kommen kann, kommentiert er mit: Ich hätte sowieso keinen Nerv für dich.
Was ist denn das bitte für eine Antwort? Ja, wir haben uns von Anfang an ausgemacht, uns ehrlich zu sagen, wenn es mal nicht passt. Aber so? Wie passt denn das zu der Aussage vom letzten Wochenende, als es noch hieß: Ich habe selten einem Menschen so sehr vertraut, wie dir. Also, wahrscheinlich noch nie.
Was ist inzwischen geschehen? Was habe ich mir zu Schulden kommen lassen? Dass ich mich um meine Mutti kümmere? Das kann es nicht sein!
Und warum, warum habe ich blöde Kuh wieder jemandem vertraut? Ich hätte es doch besser wissen müssen!
Immerhin, sein Umzug ist ja nun erledigt, wobei ich ihm nach Kräften geholfen hatte.

21:00 Uhr
Ich bekomme heute nichts mehr geregelt. Ich bin unendlich traurig und weine mich in den Schlaf.

In früheren Jahren
Oktober 2022

10 Gedanken zu “Oktobernotizen – 05. 10. 2023

    1. Danke, das ist so lieb von dir.
      Vielleicht hast du ja auch meine Antworten zu den Kommentaren schon gelesen. Dann weißt du, dass alles wiedergut ist oder zumindest bald gut wird.
      Liebe Grüße
      von Mira

  1. Liebe Mira,
    heute ist der 7., also 2 Tage später und ich hoffe sehr, dass sich die Aussage des Jenaer inzwischen als Missverständnis aufgeklärt hat und alles wieder gut ist? Ansonsten nehme ich dich ganz fest in die Arme, du weißt, wie sehr ich dir DAS gewünscht hatte.
    Für das Zimmer der Mutti drücke ich auch die Daumen. Evtl. hast du inzwischen schon eine Antwort bzw. einen Besichtigungstermin?
    Ganz liebe und feste Umarmungsgrüße von Catrin.

    1. Aaaalso, das WG-Zimmer haben wir. Es ist zwar nur 12 qm groß, aber die Mutti kann eine große Ecke vor dem Zimmer noch zusätzlich für sich nutzen und außerdem natürlich den gesamten Wohnbereich der WG. Mir gefällt es dort sehr und ich hoffe, dass sich die Mutti dort auch wohl fühlt und auch wieder besser auf die Beine kommt, denn es wird dort viel für die alten Menschen getan. Und es ist wirklich immer jemand da. Rund um die Uhr. Das war ja das größte Problem in der letzte Zeit, dass sie so viel allein war und aus lauter Einsamkeit Unsinn gemacht hat.
      Ich bin sehr froh, dass das geklappt hat.
      Zum Jenaer schreibe ich nachher noch was.
      Herzliche Grüße
      die Mira

      1. Das klingt wirklich sehr schön und ich wünsche der Mutti dort ein gutes Ankommen und schnelles Einleben und dir wieder etwas mehr Ruhe in DEINEM Leben, damit du dich wieder gut auf die schönen Dinge konzentrieren kannst.
        Knuddelgrüße von Catrin.

  2. Herje Mira,
    nach Deinen letzten Beiträgen fehlen mir echt
    ein bisschen die Worte.
    Ich hoffe sehr für Dich das es mit dem Zimmer für die Mutti klappt. Es wäre wirklich eine sehr große Erleichterung, denn so kann es ja nicht weiter gehen. Du gehst ja kaputt daran. Diese ganze Verantwortung und sich ständig Sorgen machen, ob zuhause alles gut ist zermürbt einen ja total. So wäre Deine Mutti versorgt und Du müsstest nicht ständig Angst haben das irgendwas passiert. Und kannst ja trotzdem ganz oft zu Ihr.
    Die Aussage von dem Jenaer ist eine krasse Sache und hätte mich auch sehr getroffen.
    Ich drücke Dir jedenfalls feste die Daumen das es mit dem Zimmer klappt. Und Dich drücke ich auch mal ganz doll virtuell.
    Liebe Grüße und ein hoffentlich bisschen ruhigeres Wochenende für Dich
    Karin

    1. Liebe Karin, das Daumendrücken so vieler lieber Menschen hat geholfen. Wir haben das WG-Zimmer für die Mutti bekommen.
      Mir ist ein ganzes Gebirge vom Herzen gefallen.
      Dieses Wochenende muss ich zwar noch einmal die Rundumpflege übernehmen, aber ich mache es für die Mutti ja gern. Und weil ich jetzt weiß, dass sie ab dem nächsten Wochenende gut aufgehoben sein wird, bringe ich jetzt auch die Kraft dazu auf.
      Dann später kann ich immer noch jeden Feierabend zu ihr gehen, aber dann habe ich Zeit, mit ihr zu schwatzen und Mensch-ärgere-dich-nicht zu spielen oder ihr was vorzulesen, weil ich nicht extra einkaufen und kochen und Windeln wechseln muss. Da habe ich viel mehr Zeit und Kraft für sie.
      Das wird schön.
      Zum Jenaer äußere ich mich nachher noch.
      Der Beitrag wird Regen im Paradies heißen.
      Liebe Grüße
      von Mira

  3. Ach nein du bist aber auch wirklich vom Pech verfolgt und das tut mir sehr leid.
    Ich drück dir ganz fest die Daumen das es mit dem WG-Zimmer für deine Mama klappt. Das wäre sicher eine enorme Erleichterung für dich.
    Die Aussage von deinem Jenaer war kalt und gefühllos und ich verstehe gut das dich das sehr verletzt hat. Aber vielleicht hat er es gar nicht so gemeint wie es rübergekommen ist. Männer denken oft nicht nach bevor sie reden. Auch da drück ich dir fest die Daumen das sich das für dich wieder zum Guten wendet. Ich bin zwar nur eine stille Mitleserin deines Blogs aber ich umarme dich jetzt einfach mal ganz fest und schicke dir viele liebe Grüße aus Salzburg Manuela

    1. Liebe Manuela,
      alles hat sich zum Guten gewendet. Das WG-Zimmer haben wir bekommen. Und ich freue mich, dass ich die Mutti dort unterbringen konnte und nicht in ein Pflegeheim geben muss. Soweit ich das gesehen habe, wird sie dort gut und liebevoll betreut, und zwar rund um die Uhr.
      Das gibt auch mir viel mehr Möglichkeiten und viel mehr Kraft, mich um die Mutti zu kümmern.
      Danke für deine lieben Worte und liebe Grüße von Sachsen nach Salzburg
      die Mira

      1. oh wie schön das freut mich so für dich. Das nimmt sooooo viel Druck von dir das du die Verantwortung nicht mehr alleine tragen musst und wieder viel mehr Zeit für DICH und DEIN Leben hast. Hatte mit meiner Mama die gleiche Situation und war kurz davor selber zusammen zu klappen….. deshalb fühle ich so mit dir mit. GlG und ein schönes Wochenende

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