Samstagsplausch {24.10.2020}


Gestern war ich noch schnell in meiner Liebslingsdrogerie, weil ich verschiedene Kleinigkeiten brauchte. Da habe ich mir diese neue Tasse gegönnt. Ich liebe solche Pötte und ganz besonders genau diese Form. Warum ich mir diese Tasse nun unbedingt gönnen musste und weshalb es mir gerade der Seelenschmeichler angetan hatte, werdet ihr verstehen, wenn ich von meiner Woche berichtet haben werde. {Ha, hier ist mir doch im Nebensatz ein Futur II, die vollendete Zukunft gelungen. Braucht man nicht so oft. *kicher* *Wink zu Regula*}

Job & Co.
Nicht, weil es gerade besonders wichtig wäre, sondern weil es schnell erzählt sein wird, stelle ich dieses Thema heute an den Anfang.
Am Montag war ich wie üblich in meinem geliebten Torgau. Es war alles recht schön, ich konnte für einige Mitarbeiter ein paar Schreiben fertigstellen und damit hoffentlich etwas bewegen. Sonderlich kreativ waren wir an diesem Tag nicht, schließlich kann man nicht zu allen Zeiten alles schaffen. Zum Feierabend suchte noch eine Mitarbeiterin das Gespräch und es wurde schnell klar, warum sie das erst am Nachmittag draußen vor den Toren getan hatte.
Warum nur können Menschen nicht ein klein wenig achtsamer miteinander umgehen?
Am Mittwoch und Donnerstag war ich seit März das erste Mal wieder am alten Standort tätig. Es hat sich nichts geändert. Die Stimmung ist noch immer unterirdisch. Die Kollegen sind misstrauisch ohne Ende und selbst Leute, die "eigentlich" in Ordnung sind, gehen nicht direkt auf einen zu und fragen, was los ist, sondern machen das alles hinten herum. Da unterhalte ich mich mit einer Kollegin und es kommen auch andere Standorte ins Gespräch, ganz einfach weil es überall besser läuft, als ebendort. Es kommt eine weitere Kollegin auf dem Gang vorbei und hört einen Namen. Und 10 Minuten später erhalte ich eine Nachricht aus einem dieser anderen Standorte, ob es ein Problem gäbe und warum ich dies nicht direkt bei derjenigen Person angesprochen hätte. Es gab überhaupt kein Problem, aber jetzt stehe ich da, als hätte ich hinter dem Rücken dieser Person schlecht über sie geredet. Zum Glück konnte ich das ausräumen, indem ich mit der betroffenen Person telefoniert habe. Aber ich mag mir gar nicht vorstellen, welche Ausmaße das hätte annehmen können, wenn diese Person mich nicht darauf angesprochen hätte. Da wäre doch der totale Riesenknaatsch entstanden. *krrrrrrr*
Am Donnerstag erhielt ich noch einen Anruf aus Cottbus und schwups ist wieder ein kleiner Auftrag für November gesichert. Privat wird das allerdings schwierig. Ihr werdet gleich sehen, warum.

Die Kleine Frau
Regula meinte neulich, ich sollte sie vielleicht lieber nicht mehr so nennen, weil sie einen so großen Teil meines Leben vereinnahmt. Diese Woche bekam ich zu spüren, dass alles vorher noch gar nichts war. und es kann gut sein, dass es noch schlimmer wird und ich dann vielleicht nicht einmal mehr arbeiten gehen kann.
Samstag, 17. Oktober 2020
Ich hatte den Tag, von mehreren Telefonaten abgesehen, für mich. Die Kleine Frau war eingeladen, und die Gastgeber hatten sogar für die Beförderung ihrer Gäste gesorgt, so dass ich diesmal nicht Chauffeur spielen musste.
Sonntag, 18. Oktober 2020
Sie rief an, um mir zu erzählen, dass sie die Treppe hinunter gefallen ist. Oh weh. Der Fahrer hatte sie nach der Feier nach Hause gebracht, sogar bis zur Haustür. Er bot auch an, sie bis nach oben zu bringen, aber das wollte sie nicht. Und dann, nachdem sie hinauf gestiegen war, geriet sie ins Kippeln und kullerte einige Stufen hinunter. Wie oft habe ich schon beobachtet, dass sie, wenn sie das oberste Podest erreicht hat, auf der Kante stehen bleibt, die Absätze in der Luft, und beginnt, nach ihrem Schlüssel zu kramen. Wie oft habe ich sie gebeten, erst noch einen Schritt auf’s Podest zu gehen, damit sie sicher steht. Auf mich muss man ja nicht hören! Ich bin doch nur die dumme Tochter, die dauernd was zu meckern hat.
Pflichtschuldigst kam ich angerannt, um die blauen Flecken mit Salbe zu bestreichen und divers Handreichungen zu erledigen. Toller Sonntag!
Montag, 19. Oktober 2020
Ich hatte versprochen, nach der Arbeit zum Kaffee zu kommen und noch einmal nach ihren blauen Flecken zu schauen. Als hätten wir es geahnt, durfte ich an diesem Tag den Wohnungsschlüssel mitnehmen. {Das durfte ich bisher nie, es sei denn, es gab einen wichtigen Grund. Und dann musste ich ihn immer wieder abgeben.}
Dienstag, 20. Oktober 2020
Wir hatten verabredet, dass ich 11 Uhr zu ihr komme und sie zum Einkaufen abhole. Diesmal sollte es eine größere Runde sein, sie wollte auch Kleidung haben. Als ich ankam, fand ich sie in der Badewanne. Im Nachthemd. Das arme alte Weiblein war in der Nacht zur Toilette gegangen und aus nicht nachvollziehbaren Gründen umgekippt und in die Wanne gefallen, aus der sie aus eigener Kraft nicht wieder heraus konnte. HILFE! Nun hatte sie die ganze Nacht und den Vormittag dort gelegen.
Mir fehlte leider die Kraft, den schlaffen alten Körper aus der Wanne zu heben und mir wurde wieder einmal bewusst {und diesmal sozusagen am eigenen Leib}, was Pflegedienste zu leisten haben. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Sohn zu alarmieren und von Arbeit zu holen. Er hievte die Kleine Frau aus der Wanne, doch auch ihm fiel das gar nicht so leicht, weil man sie nirgends anfassen konnte, ohne ihr wehzutun, da sie nun auch noch an all den Stellen blaue Flecke hatte, die beim Treppensturz verschont geblieben waren. Einen Arzt wollte sie unter keinen Umständen.
Dann: Sohn zurück zur Arbeit, wieder zur Mutti, diese gewaschen, versorgt, ihr zu Essen gemacht und darauf geachtet, dass sie auch tatsächlich isst. Abends nochmal hin. Achachach.
Mittwoch, 21. Oktober 2020
Vor der Arbeit im Kaufmannsladen kleine Eisbeine gekauft, nach der Arbeit schnurstracks zur Mutti. Es roch sehr verbrannt. Da hatte sie zu Mittag Fleisch zum Kochen aufgesetzt und dieses vergessen. Es war nur noch ein schwarz verkohltes Stück übrig. Wie gut, dass ich neues Fleisch geholt hatte. Dass ich das kochen würde und so lange dortbleiben, bis es gar ist, war mir schon klar, als ich es gekauft hatte.
"Morgen komme ich mit in die Bücherei. Und danach gehen wir zum N-Markt."
Donnerstag, 22. Oktober 2020
Vor der Arbeit im Kaufmannsladen Vitamine gekauft, in Form von Direktsaft. Obst isst sie nämlich nicht. Und Gemüse auch nicht.
Nach der Arbeit schnurstracks zur Mutti. "Ich komme nicht mit in die Bücherei, ich will erst mal zum Arzt. Mir ging es heute Morgen wieder nicht gut. Das wird immer erst Mittag besser."
Ich war froh, dass sie endlich zum Arzt wollte. Mitgehen durfte ich jedoch nicht. Also habe ich sie die Treppen hinunter gebracht und bin zur Bücherei gefahren, jede Menge Bücher für sie holen. Als ich zurück kam, kam sie auch gerade wieder an. Der Doc hatte bestätigt, was ich schon vermutet hatte. Sie hat Diabetes II, was an sich nicht schlimm ist, nicht mit fast 88 Jahren. Sie hat Medikamente, die sie auch akriebisch einnimmt. Allerdings frühstückt sie nicht. Mal ne Tasse Kaffee und ab und zu mal ein Biss in ein Brötchen. Aber nach zweimal abbeißen wirft sie es auf den Teller und macht angewiderte Gesten. Ich kenne das schon lange, es ist eine ihrer Maschen. Nunja. Wenn sie nun aber brav ihre Tabletten nimmt, die den Zucker senken sollen, wenn sie was gegessen hat, sie aber gar nichts isst, liegt die Folge auf der Hand, sie ist stark unterzuckert. Folglich geht es ihr mies, fühlt sie sich schwummerig und was nicht noch alles. Ich konnte da reden wie ein Buch. Ich hab ja keine Ahnung, bin ja kein Arzt. Das stimmt natürlich, aber ein bissel mitdenken kann ich wohl. Der Doc hat ihr dann einen neuen Medikamentenplan gegeben und die darf bestimmte Medikamente morgens nicht mehr einnehmen.
Freitag, 23. Oktober 2020
Sie wollte unbedingt mit zum N-Markt. Es ging ihr am Morgen wohl auch besser. Nachdem ich alle Einkäufe hochgeschleppt und die Kleine Frau betüddelt hatte, wollte sie auf die Couch, sich ausruhen.
Das war der Moment, als ich meine Chance nutzte und zum Drogeriemarkt fuhr. Ich war gerade auf dem Parkplatz dabei, meine Einkäufe in Taschen zu verstauen, damit ich sie heim tragen kann, als der Anruf kam: Der Fernseher lässt sich gar nicht mehr einschalten. Ich sollte den Sohn anrufen, damit der einen Monteur bestellt. Es gelang mir, sie davon ab und dazu zu bringen, dass wir gleich ein neues Gerät kaufen.

Samstag, 24. Oktober 2020
Da der Sohn beim Fernsehkauf unbedingt anwesend sein soll, können wir das erst heute Nachmittag erledigen. Ich erwarte noch seinen Anruf, wann es losgehen kann. So hatte ich zumindest mal den Vormittag ein wenig für mich.
Ich habe natürlich schon recherchiert nach diversen Anbietern eines Hausnotrufes. Hatte auch schon einen favorisiert. Natürlich gab es erst einmal Kampf, denn "sowas brauche ich doch nicht!." Erst als ich ihr sagte, wenn sie das nicht haben will, bestelle ich das trotzdem, dann muss ich es eben bezahlen, denn mir ist es im Monat durchaus 50 Euro wert, zu wissen, dass sie Hilfe heranrufen kann und da auch ausgebildete Sanitäter kommen, die sie mit geübten Handgriffen aus ihrer Badewanne retten oder von der Treppe aufsammeln können. Nun stimmt sie dem zwar zu, aber sie will es unbedingt vom DRK, obwohl dieses gerade schwer in die Kritik geraten ist, weil die Gelder wohl nicht so verwendet werden, wie sie sollten. Aber gut, Hauptsache, sie ist überhaupt dazu bereit. Da kann ich schon froh sein.

Und sonst so?
Zum Stricken bin ich diese Woche kaum gekommen, nur nachts ein paar Runden, zum Herunterkommen. So, wie ich mir diese Lösung mit Schulter und Ärmeln vorgestellt hatte, funktioniert das tatsächlich. Ich habe gerade heute Vormittag noch mal gemessen. Das wird gut. Ein Foto habe ich jetzt nicht, weil die Runden jetzt so viele Maschen haben, dass das ein einziges Maschengewurschtel ist, an dem man nichts erkennt. Also, ich schon, wenn ich stricke, aber fotogen ist es gerade nicht.

Nun ist es höchste Zeit, diesen Eintrag zu Andrea zu bringen, die in der letzten Woche in sozialen Netzwerken unterwegs war und sich mit Pflegeberufen auseinandersetzt. Ich kenne auch Menschen, die in der Pflege arbeiten und das wirklich gern und mit Herzblut machen und gelegentlich in ihren Chefetagen anecken, weil sie für die pflegebedürftigen Menschen mehr tun wollen, als Personalschlüssel und Zeitvorgaben in den Einrichtungen und bei den Pflegediensten zulassen. Euch da draußen, denen Pflege Beruf und Berufung ist, gilt meine ganz große Hochachtung.

Allen ein schönes und möglichst entspanntes Wochenende
Bleibt gesund
Eure Mira

6 Gedanken zu “Samstagsplausch {24.10.2020}

  1. Ach Du liebe Güte…
    Wenn ich Deine Zusammenfassung so lese, frag ich mich, ob Deine Tasse wirklich gross genug ist… herrje.
    Hoffentlich klappts mit dem Hausnotruf. Bei uns hat die Tagespflege Entlastung gebracht. Eine Weile zumindest.. Es ist und bleibt schwierig.
    Schicke Dir viel Kraft!
    Liebe Grüße
    illy

    1. Ach doch, liebe Illy, wenn ich nur ab zun an zwischendurch mal Zeit finde, aus der Tasse zu trinken, ist schon alles gut. Ich bin doch ein genügsamer Mensch. nn ich mal einen Tag in der Woche für mich habe, schätze ich mich schon glücklich.
      Liebe Grüße
      die Mira

  2. Liebe Mira, ach je, das hört sich ja sehr chaotisch an. Schön, dass sie die Hilfe nun doch noch angenommen hat. So liegt nicht die ganze Verantwortung auf Dich.
    Ich drücke Dir die Daumen, dass die nächste Woche besser wird. Lieben Gruß Sylvia

    1. Ach, sie hat es sich schon wieder anders überlegt. Kaum geht es ihr ein bisschen besser, will sie schon wieder lieber keine fremde Hilfe. Ich soll das machen. *kopfschüttel*
      Ich bin noch am Überlegen, wie ich es am besten mache, aber ohne professionelle Hilfe schaffe ich die Betreuung nicht. Und das muss sie akzeptieren.
      Na, mal sehen, wie es weiter geht.
      Lieb grüßt die Mira

  3. Hoi Mira, du machst noch Witze … Futur 2, wie schön. 🙂

    Oh je, in der Badewanne ausharren, bis jemand kommt. Deine arme Mutter, die arme Seele.

    Ich wünsch dir, dass du dich nicht übernimmst, das ist ja eine wahnsinnig strenge
    Betreuungsaufgabe, die du auf dich nimmst.

    Hoffentlich kannst du dich dieses Wochenende erholen. Geniess deine schöne neue Tasse in vollen Zügen.

    Liebe Grüsse Regula

    1. Ja, liebe Regula, mein Humor darf mir nicht abhanden kommen, sonst gehe ich unter.
      Nachdem ich gestern den Vormittag für mich hatte, konnten wir erst am frühen Abend, so gegen 18 Uhr zum Elektronik-Markt fahren. Natürlich kam der Sohn nicht allein, sondern mit der Schwieto. Und natürlich wollte auch die Mutti mit, schließlich ging es um ihren Fernseher.
      Das war ein richtig schöner „Ausflug“. Und Erfolg hatten wir auch.
      Da saß sie glücklich auf ihrer Couch mit der Fernbedienung in der Hand und zappte immer hin und her, nachdem der Sohn die wichtigsten Sender eingerichtet hatte.
      Und heute Morgen bin ich auch ganz entspannt und sitze bei gerade mal 9°C mit meiner neuen Tasse auf dem Balkon, während ich dies schreibe.
      Einen schönen Sonntag dir
      wünscht Mira

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