So ein Glück
6:00 Uhr
Etwas später als sonst aber immer noch rechtzeitig komme ich auf dem Bahnsteig an. Der Güterzug, der manchmal mit sieben Waggon durchfährt, manchmal auch mit 20, toppt heute alles. Es ist nämlich gar kein Zug. Nur eine einsame Lok raschelt vorbei.
Ich schreibe Guten-Morgen-Grüße. Dann kommt meine Bahn. In den Letzten Tagen hatte ich nie Lust zum Stricken im Zug. Ich schaue in die Landschaft und träume.
7:00 Uhr
Ich bin pünktlich im Spielzeugland. Rollos hoch, Fenster auf, Computer einschalten. Progamme testen, zwei laufen immer noch nicht. Darum muss ich mich nachher kümmern.
Dann das böse Erwachen: Wo ist denn mein Handy? Ich packe meine Tasche aus und wieder ein. Zweimal. Erfolglos.
Als die erste Mitarbeiterin kommt, bitte ich sie, mein Handy anzurufen. Es ruft und ruft und ruft, aber bei mir klingelt nichts.
Dann kommt ein Mitarbeiter, sucht mir die Nummer eines Busunternehmens heraus und drückt mir sein Telefon in die Hand. Es ist das falsche Unternehmen, das bedient die Linie, mit der ich gefahren bin, nicht. Ich bekomme eine andere Nummer und bin richtig. UND es wurde ein Handy gefunden. Nach zwei Stunden ist der Bus wieder an "meiner Haltestelle" und ich bekomme mein Handy wieder. So viel Glück. Heute kann nichts mehr schief gehen.
Gegen Mittag
Ich telefoniere mal wieder mit dem Support und siehe da, auf den Großteil meiner Daten habe ich Zugriff. Ein paar kleine Sachen funktionieren noch nicht, sind aber in Arbeit. Eine halbe Stunde später funktioniert das nächste Programm und noch eine halbe Stunde später läuft auch noch das letzte Programm.
Es ist ein glücklicher Tag.
17:00 Uhr
Im "Dorfkonsum" erstehe ich eine Wassermelone und schaffe es, diese bis in die Wohnung zu tragen. RoHen meint, da läge ein Dino-Ei in der Küche. Später schlachtet er es und wir schaffen tatsächlich die halbe Melone.
Später kommt eine Nachricht von der Schwester, die meinen ganzen glücklichen Tag zum Einsturz bringt. Warum können in meiner Familie einige Leute nicht mit Geld umgehen? Wie kann man nur immer und immer wieder Schulden machen? Wenn man schon eine Privatinsolvenz hingelegt hat und danach von verschiedenen Menschen immer wieder aus kleineren und mittleren Klemmen gerettet wurde, sollte man es doch mal gelernt haben, dass man einfach nicht über seine Verhältnisse leben kann. Da muss man sich eben einschränken.
Ich helfe und rette natürlich wieder. Was mich aber fertig macht, ist die Sorge, dass ein bestimmter Mensch einfach nicht aus seinen Fehlern lernt. Wenn ich mal nicht mehr helfen kann, was dann?
Ich tue mal wieder, was ich in solchen ausweglosen Situationen oft tue. Ich tröste mich mit essen. Zum Glück ist noch Kuchen da, den der Sohn tags zuvor gebacken hat.