05:30 Uhr
RoHen kommt ins Zimmer, weil er denkt, ich habe vergessen, den Wecker zu stellen. Dabei habe ich den bereits abgeschaltet, weil ich vorher wach war.
Ein kleines Bissel Zeit haben wir noch, um uns liebevoll zu verabschieden. RoHen wird heute irgendwann nach Jena fahren und ich muss gleich los zum Zug, um nach TO zur Arbeit zu fahren.
06:15 Uhr
Knapp verpasse ich den frühen Zug, den ich nicht unbedingt erwischen muss. Ärgerlich ist nur, dass ich keine Jacke mitgenommen habe und nun fast eine halbe Stunde auf dem zugigen Bahnsteig auf den nächsten Zug warten muss. Da drin ist es dann zum Glück warm.
Von Eilenburg bis Mockrena fahren Siebstklässler mit. Erschreckend, wie sich einige von ihnen benehmen. Die Fahrräder werden in den Gang geworfen, so dass kein Durchkommen mehr ist. Nix mit Notausgang oder ähnlichem. Einer wird böse gehänselt. Dann ziehen die Jungs über ein Mädel her, das ihnen wohl Nachrichten gesendet hat, die sie nur toll fanden, um darüber zu lästern. Ein Ton herrscht da. Hilfe. Ich bin froh, als die ganze Bande aussteigt.
Ich war immer mit Leib und Seele Lehrerin, aber mit solchen Truppenteilen möchte ich nichts mehr zu tun haben. Muss ich zum Glück auch nicht. Und vielleicht fahre ich morgen doch wieder mit dem früheren Zug.
Im Bus setze ich mich neben ein kleines Mädchen, das darauf hin ihrem Vati zeigt, welche anderen Plätze im Bus noch frei sind. Ich flüstere ihr verschwörerisch zu, dass ich so weit nicht laufen kann und dass ich sie außerdem gestern schon im Bus gesehen habe. Sie flüstert zurück: Kommst du morgen auch? Dann passe ich auf deinen Platz auf.
Na, wenn das nix ist!
07:30 Uhr
Der Dienst beginnt. Vorher habe ich mir beim Bäcker noch ein Stück Mohnkluchen gegönnt. Das darf nicht zur Gewohnheit werden, dass ich jeden Morgen beim Bäcker anhalte. Das ist weder gut für meinen Geldbeutel, noch für meine Hüften. *lach*
Danach verläuft der Dienst ruhig und unspektakulär. Eine Kollegin ruft an: Freudige Nachricht. Die ganz große Chefin hat deinen Vetrag unterschrieben. Yeah!
Am frühen Nachmittag kommt Pocahontas. Sie bringt mir eine sehr schöne Pflanze mit, für die ich morgen einen Übertopf mitnehmen werde.
Ein paar Tränen rinnen.
Später bringt sie mich zum Zug.
15:41 Uhr
Die S-Bahn Richtung Leipzig.
Guten Tag liebe Reisende. Wir begrüßen Sie herzlich in unserer S-Bahn von Torgau über Leipzig nach Markkleeberg. Wir freuen uns, dass Sie bei uns sind und hoffen, dass ein bisher schöner Tag hinter Ihnen und ein wunderbar sonniger Nachmittag vor Ihnen liegt.
Was für eine tolle Durchsage! Als wenig später die Zugbegleiterin die Fahrkarten kontrolliert, frage ich sie, ob sie diese tolle Durchsage gemacht hat und sage ihr, wie erfrischend ich diese fand. Sie meinte, sie leite das sehr gern an die Kollegin weiter. Etwas später kam eine junge Frau in Zugbeleiteruniform: Meine Kollegin hat mir gesagt, dass Ihnen meine Durchsage gefallen hat. Dafür wollte ich mich bei Ihnen bedanken. Sie haben meinen Tag gerettet.
Und Sie meinen. Es war herrlich, Ihnen zuzuhören.
Ach, wissen Sie. Wenn so eine halbe Minute etwas im Leben eines Menschen verändern kann, macht man das doch gern.
Oh ja, das haben Sie geschafft. Mein Nachmittag wird sonnig sein, Dank Ihnen.
Und so wurde dies zu einem Perpetuum Mobile der Glückseligkeit!
Was für eine beeindruckende junge Frau. Ich hoffe sehr, dass sie noch oft in "meiner" S-Bahn Dienst hat.
Da möchte ich doch gleich mal an eine andere Zugbegleiterin erinnern, deren Blog ich sehr mag. Uschi von unterwegs ist das Ziel. In der letzten Zeit, als meine Jobs so wackelige Angelegenheiten waren, dachte ich oft, dass Zugbegleitung etwas wäre, woran ich meine Freude haben könnte. Leider bin ich für diesen Job nicht mehr fit genug. Stellt euch vor, die "Schaffnerin" wankt mit Unterarmstütze durch den Zug. *lach* Nee, nee, diesen Job überlasse ich denen, die ihn können und freue mich stattdessen an deren Blogs.
Ach ja, ich habe in der letzten Zeit einige Bloggerinnen gefunden, deren Lebenskonzepte mir gut gefallen und die ich mir auch für mich vorstellen könnte. Außer Uschi ist mir da auch noch Silke aufgefallen, die derzeit in einem Wohnwagen lebt, weil sie gern auf Amrum bleiben und arbeiten wollte.
17:00 Uhr
Ich bin daheim. Mit einem halben Hähnchen vom Broilerwagen vor dem Kaufmannsladen hocke ich mich in die Küche und abendbrote.
Wenig später ruft RoHen an, der gut in Jena gelandet ist.
Er erzählt mir, wie er am Vormittag den Ausflug der Meisenkinder vom Nachbarbalkon beobachtet hat. Und dann… lauerte der Eichelhäher und schnappte sich das letzte der sechs Küken. RoHen machte Lärm und wedelte herum, um den Räuber zu verscheuchen. Auch die Meiseneltern griffen ihn an, aber RoHen sagt, der Häher ließ sich in keiner Weise stören und hielt unbeeindruckt an seiner Beute fest. Ich habe den Häher immer gemocht, aber dass er Meisenkinder jagt, verzeihe ich ihm nicht so schnell. Dieses Ereignis hat RoHen heute einigermaßen verstört.
Um ihn aufzubauen und auf schönere Gedanken zu bringen, erzähle ich ihm von der Zugbegleiterin. Wir lachen gemeinsam.
Ich bin unendlich müde und ruhe ein wenig.
Später stehe ich wieder auf, nasche Trauben und schreibe hier ein wenig. Stöbere in Blogs.
Und nun: Gute Nacht.